
Restrukturierung kompakt: Eigenverwaltung
Die aktuelle Ausgabe unseres Newsletters Restrukturierung kompakt „Sanierung in Eigenverwaltung“ beschäftigt sich mit einem Kernprodukt der Restrukturierungspartner, hier verfügen wir über langjährige, branchenübergreifende Erfahrungen.
Jedes Unternehmen hat Besonderheiten, auf die es bei der Sanierung ankommt. Die Kunst der Sanierung besteht darin, alle Beteiligten von der (sinnvollen) Fortführungslösung zu überzeugen und nachfolgend die Beiträge der Parteien einzuwerben. Dafür ist es wichtig, diese unterschiedlichen Sichtweisen zu kennen und zusammen zu bringen.
Für unseren Newsletter Restrukturierung kompakt „Sanierung in Eigenverwaltung“ haben wir fünf verschiedene Interviews mit Beteiligten geführt, die uns über ihre Erfahrungen bei einer Sanierung in Eigenverwaltung mit und ohne Schutzschirm berichtet haben.
All diese Erfahrungen sind äußerst lesenswert.
Die Sanierung in Eigenverwaltung - Wie man Unternehmen mit Hilfe der Insolvenzordnung wieder fit bekommt
Bei der Bewältigung von existenziellen Unternehmenskrisen ist eine Sanierung in Eigenverwaltung häufig eine sinnvolle Alternative, um Unternehmen zukunftsfähig aufzustellen.
Die Eigenverwaltung ist eine Form des Insolvenzverfahrens, bei der nicht ein Insolvenzverwalter, sondern der Unternehmer beziehungsweise Geschäftsführer oder Vorstand das Insolvenzverfahren maßgeblich führt. Er bleibt also Herr des Handelns. Die Anordnung einer Eigenverwaltung erfolgt auf den vom Unternehmen ausgehenden Antrag, der parallel zum Insolvenzantrag beim zuständigen Amtsgericht zu stellen ist. Den Schritt in eine Eigenverwaltung geht ein Unternehmer nicht leichtfertig. Ein seriöser Berater, der das Unternehmen bei der Vorbereitung mit seiner Erfahrung unbedingt unterstützen sollte, wird zwingend die Sanierung mittels einer Eigenverwaltung in Form einer Analyse vorab konzeptionell abbilden. In dieser Analyse – zum Beispiel in Form einer Machbarkeitsstudie – werden die Chancen aber auch die im Zusammenhang mit der Eigenverwaltung auftretenden Risiken abgebildet und entsprechend bewertet. Zudem werden Alternativszenarien aufgestellt.
„Eine Machbarkeitsstudie ist äußerst erhellend! Nach und nach wurde klar, dass es sich bei der Eigenverwaltung um eine Option handelt, mit der sich Wege auftun, die gegebenenfalls außergerichtlich nicht zur Verfügung stehen.“ Konzern-Geschäftsführer
Der Gesetzgeber hat das Instrument der Eigenverwaltung gestärkt, damit sich die Unternehmer und die Unternehmen frühzeitig mit dieser Sanierungsoption beschäftigen. Je früher eine Eigenverwaltung angegangen wird, desto höher sind die Chancen, das Instrument passgenau für die Sanierung zu nutzen und so wesentliche Teile des Unternehmens zu erhalten und zukunftsfähig aufzustellen.
Nach Einschätzung von Sven Dübbers, Kingstreet Industries GmbH, gibt es einen zentralen Erfolgsfaktor für das Verfahren: „Ein gutes Zusammenspiel aller Beteiligten. Ein professioneller Gläubigerausschuss, ein Sachwalter, der sich mit seiner Rolle auch wohlfühlt und nicht in den Vordergrund drängt, und ein Gericht, das Erfahrung mit dieser Art Verfahren hat“.
Gleichwohl bleibt es dabei, dass Unternehmen einen solchen Schritt nicht leichtfertig gehen sollten. Im Fall der NARVA Lichtquellen GmbH + Co. KG hat Geschäftsführer Dr. Olaf Hansen berichtet, dass man „natürlich die Insolvenz verhindern wollte, da sie als Niederlage angesehen wird“. Letztlich setzte sich aber die Erkenntnis durch, dass das Prinzip Hoffnung für die Restrukturierung nicht ausreicht. Ausschlaggebend für den Schritt in ein Schutzschirmverfahren war für die Geschäftsführung und Gesellschafter von NARVA, dass das neu erstellte Konzept zur Fortführung des Unternehmens unter neuen Grundvoraussetzungen umsetzbar erschien und dies von erfahrenen Beratern analysiert und begleitet wurde.
Die Bedeutung der Einbeziehung von Experten bei einer Eigenverwaltung unterstreicht auch Interimmanager Dr. Waubke. Er war als Geschäftsführer bei der vosla GmbH tätig, einem Beleuchtungsspezialisten der im Wesentlichen im Halogen- sowie LED-Leuchten entwickelt und fertigt. Das Unternehmen mit knapp 400 Beschäftigen brauchte beides: die Entwicklung einer überzeugenden Vorwärtsstrategie und die Restrukturierung nach dem Wegfall des größten Kunden. Das Unternehmen wurde im Rahmen einer Eigenverwaltung saniert und an einen neuen Gesellschafter übertragen. Neben Dr. Waubke wurde ein Geschäftsführer der Unternehmensberatung Restrukturierungspartner bestellt, um die Sanierung im Rahmen der Eigenverwaltung zu verantworten und umzusetzen. Die wesentliche Erkenntnis von Dr. Waubke: „In insolvenznahen Unternehmenssituationen sollte man nur mit absoluten Profis zusammenarbeiten.
„Hat sich das Unternehmen für die Sanierungsoption Eigenverwaltung entschieden und setzt diesen Schritt auch um, gibt es eine ganze Reihe vielfältiger Themen und Herausforderungen im praktischen Miteinander aller Beteiligten. Bei den betroffenen Mitarbeitern löst die Information, dass das Unternehmen in Eigenverwaltung saniert wird, zunächst einmal Ängste und Sorgen aus, denn es handelt sich dabei nichtsdestotrotz um ein Insolvenzverfahren. Sabine Schädlich, Betriebsratsvorsitzende bei NARVA, hat dies selbst unmittelbar erlebt und rät daher: „Die Zukunftsängste der Mitarbeiter sollten unbedingt ernst genommen werden.“
„Nach der Entscheidung für ein Verfahren sollte man viel mit seinen Mitarbeitern kommunizieren. Die Unsicherheit und das Unwissen schaffen viele Blockaden, die einen erfolgreichen Verlauf verhindern können.“ Dr. Olaf Hansen
Auch wenn die Mitarbeiter mehrfach zum gleichen Thema Fragen haben oder Hilfe suchen – der Betriebsrat steht in erster Front und ist wesentliches Bindeglied zwischen der Geschäftsleitung und der Belegschaft. Daher ist es auch unbedingt erforderlich und auch rechtlich geboten, dass der Betriebsrat selbst beraten wird. Von Seiten der Geschäftsleitung sollte Wert darauf gelegt werden, für die Sorgen und Nöte der Mitarbeiter – trotz aller Belastungen in dieser Phase – ein offenes Ohr zu haben. Kommunikation und Information wie zum Beispiel durch Informationsschreiben oder Belegschaftsinformationen sind zwingend erforderlich, um die Unsicherheiten, gerade auf Seiten der Belegschaft, zu nehmen.
Die operativen Herausforderungen einer Eigenverwaltung lassen sich mit einer kompetenten Unterstützung trotz aller Schwierigkeiten bewältigen. „Das Schutzschirmverfahren ist sehr strukturiert, mit klaren Vorgaben auf gesetzlicher Seite. Da bei NARVA keine Vorkenntnisse zu Insolvenzverfahren vorlagen, war die Einbeziehung eines Beratungsteams zwingend erforderlich.“
Dabei lassen sich einzelnen Tool aus der Eigenverwaltung auch im „Normalbetrieb“ gut nutzen. Dr. Hansen: „Einige Sondermaßnahmen, wie zum Beispiel zusätzliche Freigaben von Bestellungen zur Überwachung der Liquidität, haben wir auch nach Aufhebung der Eigenverwaltung beibehalten.“
Letztlich ist, wie bei jeder Sanierung, eine klare Strategie und die Umsetzung einer unternehmerischen Vision für das Unternehmen entscheidend. Die Eigenverwaltung kann helfen, bestimmte Lasten aus der Vergangenheit abzuschütteln. Entscheidend ist am Schluss aber, dass eine klare Idee besteht, wie es mit dem Unternehmen weiter gehen soll. Interimmanager Dr. Waubke: „Neben der finanziellen Restrukturierung ist eine klare Vorwärtsstrategie unabdingbar, auch um die Mitarbeiter für einen neuen Weg zu gewinnen.“
Außerdem ist es wichtig zu wissen, dass es gar nicht bis zur Umsetzung der Eigenverwaltung kommen muss. Konzerngeschäftsführer: „Nach der Machbarkeitsstudie wurde klar, dass es sich bei der Eigenverwaltung um eine Option handelt, mit der sich Wege auftun, die gegebenenfalls außergerichtlich nicht zur Verfügung stehen. Verbunden mit der Möglichkeit, das Heft des Handelns in eigenen Händen zu behalten.“ Der letzte Punkt ist dabei ein entscheidender Vorteil des Verfahrens: die eigene Geschäftsführung verantwortet den Prozess. So kann das Betriebs-Know-how bestmöglich genutzt werden. Das sieht auch Betriebsrätin Schädlich als einen großen Vorteil der Eigenverwaltung.
Generell muss die Sanierung zügig angegangen werden. Das Resümee von Dr. Hansen lautet: „möglichst eine Entscheidung nicht zu lange herauszögern.“
So sollte es dann mit der Sanierung in Eigenverwaltung klappen.
Auszug aus: Restrukturierung kompakt - Thema | Eigenverwaltung