FAQ: Sanierungskonzept und Umsetzung

Wir haben für Sie die Fragen rund um das Thema Sanierungskonzept und dessen Umsetzung zusammengestellt, denen wir häufig bei unserer Arbeit in der Restrukturierung begegnen. Unsere Antworten sollen Ihnen helfen, einen ersten Überblick zu gewinnen.

Eine Kalkulation kann überprüft werden, indem Herstell- und Personalkosten auf Produktebene nachvollzogen und auf Stückebene heruntergebrochen werden.

Beim Vergleich der Kalkulationswerte mit den Vorjahreszahlen sind größere Abweichungen zu hinterfragen, auch Branchenvergleichsziffern können herangezogen werden. Im Verlauf ist ein Soll-Ist-Abgleich der Plan- mit den Ist-Zahlen zu empfehlen. Wiederholende, starke Abweichungen können rechtzeitig auf Fehler in der Planung und im Controlling hinweisen und so frühzeitig eine Krisensituation verhindern.
Eine Unternehmenskrise ist eine Notsituation eines Unternehmens, in der die Überlebensfähigkeit akut gefährdet ist. Erkannt werden kann sie an unterschiedlichsten Faktoren, die in „weiche“ und „harte“ Faktoren eingeteilt werden können. Unter den „weichen“ Faktoren lassen sich die Kategorien Unternehmensstrategie, wirtschaftliches Umfeld, Kommunikation sowie Managementqualifikation subsumieren. Zu den „harten“ Faktoren werden Kennzahlen und Jahresabschlussinformationen gezählt. Wichtig ist eine detaillierte, fokussierte Ursachenforschung der Krisensymptome wie z.B. nachlassende Rentabilität oder sogar mangelnde Liquidität. Die Ursachen sind oft tiefgründig und müssen am Startpunkt der Problemkette behoben werden.
Ein funktionierendes internes Kontrollsystem hilft bei der Qualitätsprüfung der Finanzbuchhaltung. Hierzu gehört die Einführung des Vier-Augenprinzips sowie hinreichende Transparenz und Reportingpflichten für sämtliche Prozesse. Es sollte auf Funktionstrennung zwischen vollziehenden, verbuchenden und verwaltenden Tätigkeiten geachtet werden. Hierfür ist eine ausreichende Personalkapazität nötig. Auch regelmäßige Abgleiche der Salden aus Haupt- und Nebenbuch sowie aus GuV und Bilanz geben Auskunft über die Qualität der Buchhaltung.
Ja, zu beachten ist hierbei jedoch, dass die Berechnungen von Kennzahlen häufig voneinander abweichen.

Kennzahlen die Aussagen zum Zustand des Unternehmens treffen, können je nach Situation des Unternehmens Aussagen zur Rentabilität, (Beispiele: Eigenkapitalrendite, Gesamtkapitalrendite, Umsatzrendite, Materialquote, Personalquote), zum Working Capital (Beispiele: Net Working Capital, Lieferantenziel in Tagen, Kundenziel in Tagen, Lagerdauer in Tagen), zur Liquidität (Beispiele: Liquidität 1., 2. und 3. Grades, Cashflow-Marge) liefern oder sich auf die Finanz- bzw. Bilanzanalyse (Beispiele: Verschuldungsgrad, Dynamischer verschuldungsgrad) beziehen.
Ein Gutachten, das eine Aussage zur Fortführungs- und Sanierungsfähigkeit eines Unternehmens treffen soll. Das Gutachten hat die höchstrichterliche Rechtsprechung des BGH und/oder die Anforderungen des IDW S6 einzuhalten. Banken treffen ihre Entscheidungen zur Vergabe neuer Kreditmittel während einer Unternehmenskrise auf Grundlage eines Sanierungsgutachtens.

Weiterführende Informationen
Im Rahmen von Restrukturierungen fordern Eigen- und Fremdkapitalgeber mitunter einen Independent Business Review (IBR), um eine objektive Beurteilung der betriebswirtschaftlichen Lage eines Unternehmens zu erhalten. Auslöser für einen IBR sind in der Praxis häufig drohende oder bereits eingetretene Covenant-Brüche. Der IBR ermöglicht eine aktuelle und objektive Bestandsaufnahme sowie eine Darstellung leistungs- und finanzwirtschaftlicher Kennzahlen um neue und einvernehmliche Absprachen mit Eigen- und Fremdkapitalgebern zu vereinbaren.

Weiterführende Informationen
Ein Sanierungsgutachten kann durch jede unvoreingenommene fach- und sachkundige Person erfolgen. Für die Beauftragung von externen Beratern spricht vor allem der Bedarf an zusätzlichen Ressourcen, Expertenwissen und Objektivität.

Das Sanierungsgutachten umfasst Aussagen über tatsächliche, wesentliche Unternehmensdaten, Ursachen- und Wirkungszusammenhänge sowie rechtliche und ökonomische Einflussfaktoren. Darüber hinaus beinhaltet ein Sanierungsgutachten die Beschreibung der einzuleitenden Maßnahmen vor dem Hintergrund des Leitbilds des sanierten Unternehmens sowie die Quantifizierung der Maßnahmeneffekte im Rahmen einer integrierten Unternehmensplanung.

Weiterführende Informationen
Das Institut der Wirtschaftsprüfer e.V. (IDW) hat im Standard IDW S 6 notwendige Mindestanforderungen für die konzeptionelle Erstellung eines Sanierungsgutachtens spezifiziert. Das Sanierungsgutachten bietet dabei eine tiefgreifende und differenzierte Analyse als Grundlage für einen erfolgreichen Sanierungsprozess. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat Mindestanforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung an Sanierungsgutachten definiert, hierzu zählen beispielsweise:

  1. Das Sanierungskonzept geht von den erkannten und erkennbaren tatsächlichen Gegebenheiten des Unternehmens aus und rechtfertigt die ernsthafte und begründete Aussicht auf Erfolg. Dabei ist sowohl für die Frage der Erkennbarkeit der Ausgangslage als auch für die Prognose der Durchführbarkeit der Sanierung auf die Beurteilung eines unvoreingenommenen branchenkundigen Wirtschaftsfachmanns abzustellen.
  2. Dem unabhängigen branchenkundigen Wirtschaftsfachmann lagen die vorgeschriebenen oder üblichen Buchhaltungsunterlagen des Unternehmens vor.
  3. Das Sanierungskonzept enthält eine Analyse der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens im Rahmen seiner Wirtschaftsbranche und es erfasst die Krisenursachen.
  4. Das Sanierungskonzept beurteilt die Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage des Unternehmens.
  5. Das Unternehmen ist objektiv sanierungsfähig und die für seine Sanierung konkret in Angriff genommenen Maßnahmen sind insgesamt objektiv geeignet, das Unternehmen in überschaubarer Zeit durchgreifend zu sanieren. Diese Maßnahmen begründen eine positive Fortführungsprognose.
  6. Die geplanten Sanierungsmaßnahmen sind jedenfalls in den Anfängen schon in die Tat umgesetzt, das heißt, die Sanierungsaktivitäten wurden objektiv sachgerecht eingeleitet.
Ein Chief Restructuring Officer (CRO) soll helfen, die im Sanierungskonzept definierten Maßnahmen umzusetzen. Er setzt aufgrund seiner unbelasteten Herangehensweise auch unpopuläre Sanierungsmaßnahmen, die von Restrukturierungsberatern identifiziert wurden, gegen unterschiedliche Interessengruppen durch. Mit seiner Neutralität kann der CRO verlorenes Vertrauen gegenüber wichtigen Stakeholdern zurückgewinnen. Dafür tritt er zumeist für eine zeitlich begrenzte Dauer, auch in einer fortgeschrittenen Krisensituation, in die Geschäftsführung ein.

Weiterführende Informationen
Welche Informationen ein Sanierungsberater benötigt hängt u.a. vom Krisenstadium ab, in welchem sich das Unternehmen befindet. Um sich einen Überblick über die finanzielle Lage des Unternehmens zu verschaffen sind Unterlagen wie Jahresabschlüsse, aktuelle BWAs, SuSas, Bilanzen und der Banken- und Anlagespiegel wichtig. Aus leistungswirtschaftlicher Sicht sind vor allem das Produkt- und Leistungsportfolio sowie die Produkt- und leistungswirtschaftlichen Kalkulationen relevant, aber auch Angaben zur Auf- und Ablauforganisation. Selbstverständlich benötigt ein Sanierungsberater ebenfalls ein Kurzprofil und/oder eine Unternehmenspräsentation um die Kernkompetenzen, Kernprozesse und das Geschäftsmodell zu verstehen. Neben den Unterlagen ist es aber für jeden Sanierungsberater wichtig, dass er einen möglichst freien Zugang zu allen relevanten Mitarbeitern im Unternehmen hat. Durch die Gespräche lernt er viel über den Zustand des Unternehmens und kann bereits erste Sanierungsansätze diskutieren.
Eine Patentlösung bei Umsatzrückgängen gibt es nicht. Um die Umsätze kurzfristig wieder zu steigern, können – abhängig von Branche und Konjunktur – gezielte Marketingaktionen helfen. Auch sollten die Umsätze differenziert auf Produktebene betrachtet und im Detail analysiert werden. Basierend auf den Ergebnissen können gezielt Gegenmaßnahmen eingeleitet werden.
Neben Kosteneinsparungspotentialen in der Herstellung und beim Personal sollte auch die Finanzierungsstruktur neu aufgestellt werden. Verhandlungen mit Lieferanten, dem Betriebsrat und Banken zeigen hier eventuell Möglichkeiten auf. Auch durch ein gut strukturiertes Warenwirtschaftssystem lassen sich im produzierenden Gewerbe Kosten einsparen.
Um ein Arbeitsverhältnis zu beenden kann entweder ein Aufhebungsvertrag mit dem Arbeitnehmer geschlossen oder eine betriebsbedingte Kündigung ausgesprochen werden.

Ein Aufhebungsvertrag regelt die einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Darauf wird sich der Arbeitnehmer in der Regel nur einlassen, wenn ihm eine Abfindung gezahlt wird.

Im Sanierungsfall wird die Kündigung vermutlich auf betriebsbedingte Gründe gestützt werden, was bedeutet, dass sie aus dringenden betrieblichen Gründen erforderlich ist (§1 Abs. 2 KSchG). Wichtig ist, dass alle damit verbundenen Kosten bedacht werden. Dies sind neben der ggf. zu zahlenden Abfindung und den Lohn- und Gehaltszahlungen während der Kündigungsfrist auch mögliche Rechtskosten, wenn der Arbeitnehmer gegen seine Kündigung klagt und mögliche Produktionsausfälle – oder Stillstandskosten, wenn die gekündigten Arbeitnehmer nicht wie gewohnt oder motiviert zur Arbeit erscheinen.
Im Rahmen des Geschäftsmodells muss hinterfragt werden, ob durch die angebotenen Produkte oder Dienstleistungen weiterhin ein Nutzen für die Kunden gestiftet wird und ob die Kunden bereit sind, für diesen Nutzen zu zahlen. Wenn ein Unternehmen für seine Kunden keinen Nutzen mehr stiften kann, äußert sich das beispielsweise in ausbleibenden Aufträgen oder nachlassenden Preisen, die sich auf die Margen niederschlagen. Wichtig ist hier eine detaillierte Analyse. Wohlmöglich liegt ein Rückgang nicht am nachlassenden Nutzen, sondern am fehlenden Marketing oder an einer notwendigen Erneuerung der Produkte, um wieder nutzenstiftend für die Kunden zu sein.
Intern können die Geschäfte innerhalb der Familie weitergeführt werden oder durch einen Fremd-Geschäftsführer übernommen werden. Weitere Lösungsoptionen sind ein Verkauf oder eine Liquidation sowie ein Management-Buy-Out, MBO (Übernahme des Unternehmens durch das Management) oder Management-Buy-In, MBI (Übernahme durch ein externes Management). Steuerliche Überlegungen sind im Rahmen der Nachfolgeplanung nicht zu vernachlässigen.

Burkhard Jung

Partner und Geschäftsführer, Sanierungsberater CMC/BDU

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bjung@rsp.eu

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