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Das außerinsolvenzliche Sanierungsverfahren

Übersicht und arbeitsrechtliche Implikationen

Als Teil des Gesetzespakets zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG) ist am 1. Januar 2021 das Unternehmensstabilisierungs- und ‑restrukturierungsgesetz (StaRUG) in Kraft getreten. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die Einordnung der neuen Bestimmungen in das insolvenzrechtliche System und die Sanierungsinstrumente des StaRUG und stellt die arbeitsrechtlichen Bezüge dar.

Einordnung in das Insolvenzsystem

Ist das restrukturierungsfähige Unternehmen (auch „Schuldner“ genannt) – wozu das StaRUG auch unternehmerisch tätige natürliche Personen zählt – nicht nach §§ 15a, 15b InsO insolvenzantragspflichtig, aber drohend zahlungsunfähig (§ 18 InsO), kann der Schuldner zur Verhinderung des Insolvenzfalls nach den Regelungen des StaRUG ein (außerinsolvenzliches) Sanierungsverfahren betreiben, durch welches sich das Unternehmen auf der Grundlage eines von den planbetroffenen Gläubigern mehrheitlich angenommenen Restrukturierungsplans sanieren kann.

Das Recht zur Einleitung eines außerinsolvenzlichen Sanierungsverfahrens korrespondiert für sog. haftungsbeschränkte Unternehmensträger mit der Pflicht zur verbindlichen Einrichtung eines Krisenfrüherkennungs- und Krisenmanagementsystems. Haftungsbeschränkte Unternehmensträger sind dabei juristische Personen (z.B. GmbHs, AGs) sowie Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit (z.B. Kommanditgesellschaften), bei denen keiner der persönlich haftenden Gesellschafter eine natürliche Person ist (§ 1 StaRUG). Ein klassischer Fall ist die idealtypische GmbH & Co. KG, bei der als einzige persönlich haftende Gesellschafterin die (Komplementär-)GmbH fungiert. Bei diesen Unternehmen haben die Geschäftsleiter fortlaufend über Entwicklungen, welche den Fortbestand der juristischen Person gefährden können, zu wachen.

Unternehmerisch tätige natürliche Personen (z.B. der Einzelkaufmann) oder Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit, bei denen zumindest ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, sind hingegen nicht zur verbindlichen Einrichtung eines Krisenfrüherkennungs- und Krisenmanagementsystems verpflichtet. Sie können aber gleichwohl die Sanierungsinstrumente des StaRUG nutzen.


Die Sanierungsinstrumente des StaRUG

In § 29 Abs. 2 StaRUG sind die für das Unternehmen verfügbaren Sanierungsinstrumente des außerinsolvenzlichen Sanierungsverfahrens abschließend aufgezählt. Hiernach kann der Schuldner

  • eine gerichtliche Planabstimmung nach den §§ 45, 46 StaRUG herbeiführen,
  • den Restrukturierungsplan durch das Gericht vorprüfen lassen (§§ 47, 48 StaRUG),
  • gemäß §§ 49 ff. StaRUG Stabilisierungsanordnungen beantragen und zuletzt
  • den Restrukturierungsplan bestätigen lassen (§§ 60 ff. StaRUG). Dies führt dazu, dass die Planwirkungen auch für und gegen diejenigen Planbetroffenen wirken, die dem Plan nicht zugestimmt haben.

Bei Restrukturierungsverfahren, die „gesamtverfahrensartige Züge“ aufweisen, kann das Gericht gemäß § 93 Abs. 1 S. 1 StaRUG einen Gläubigerbeirat einrichten. Dessen Mitglieder überwachen und unterstützen den Schuldner bei der Geschäftsführung und entscheiden über die Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten.


Dem Insolvenzverfahren vorbehaltene Instrumente und Maßnahmen

Einige aus Regelinsolvenzverfahren bekannte Sanierungsinstrumente finden bei der Betreibung eines außerinsolvenzlichen Sanierungsverfahrens keine Anwendung, sondern bleiben weiterhin dem Insolvenzverfahren vorbehalten. Dies gilt z. B. für die Regelungen zur erleichterten Beendigung von Verträgen (§§ 103 ff. InsO).

Auch ein eigenständiges Anfechtungsrecht wie in den §§ 129 ff. InsO findet sich im StaRUG nicht. Mit § 89 StaRUG hat der Gesetzgeber vor dem Hintergrund der Anfechtungsregeln der §§ 129 ff. InsO vielmehr eine Klarstellung dahingehend getroffen, dass u. a. die bloße Kenntnis von der Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache im Rahmen einer (späteren) Anfechtung nicht genügt, um den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners zu bejahen. Im Ergebnis schützt dies die außerinsolvenzlichen Geschäftspartner des Schuldners vor einer Anfechtung in einem etwaigen späteren Insolvenzverfahren und ermöglicht es dem Schuldner dadurch, noch weiter geschäftlich tätig zu werden.


Das Restrukturierungsgericht

Das Sanierungsverfahren ist dem sog. Restrukturierungsgericht anzuzeigen, wenn die vorgenannten Sanierungsinstrumente des StaRUG in Anspruch genommen werden sollen. Durch die Anzeige wird das sogenannte Restrukturierungsplanverfahren eingeleitet und die „Restrukturierungssache“ rechtshängig gemacht.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass einige die Anzeige und die Einleitung eines entsprechenden Verfahrens betreffende Detailfragen umstritten sind. Dies betrifft zum einen die Zeichnungsberechtigung, zum anderen aber auch die Frage nach der internen Zuständigkeitsordnung und dort insbesondere, ob Geschäftsleitungsorgane im Innenverhältnis zu einer Konsultation mit oder der Einholung von Zustimmungsbeschlüssen von Gesellschaftsorganen, etwa dem Aufsichtsrat oder der Gesellschafterversammlung bzw. Hauptversammlung, verpflichtet sind.

Zuständiges Restrukturierungsgericht ist grundsätzlich das Amtsgericht, in dessen Bezirk ein Oberlandesgericht seinen Sitz hat. Damit geht eine höhere Verfahrenskonzentration als bei regulären Insolvenzverfahren einher, da in diesen regelmäßig das Amtsgericht als Insolvenzgericht zuständig ist, in dessen Bezirk ein Landgericht seinen Sitz hat.


Keine arbeitsrechtlichen Restrukturierungserleichterungen durch das StaRUG

Auf Arbeitsverhältnisse bezogene Restrukturierungserleichterungen sind im StaRUG nicht vorgesehen (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG). Erleichterungen, wie diese in Regelinsolvenzverfahren zur Verfügung stehen, etwa verkürzte Kündigungsfristen oder Darlegungs- und Beweiserleichterungen bei Kündigungen infolge Betriebsänderungen bei Abschluss eines Interessenausgleichs mit Namensliste, bleiben dem Insolvenzverfahren vorbehalten. Für eine Anwendung der sich in der Insolvenzpraxis herausgebildeten Instrumente, insbesondere die unter erleichterten Restrukturierungsvoraussetzungen erfolgende übertragende Sanierung auf der Grundlage eines Erwerberkonzepts, ist damit kein Raum. Die Restrukturierung an sich ist neben der Betreibung des außerinsolvenzlichen Sanierungsverfahrens zwar nicht ausgeschlossen, wird aber durch das StaRUG auch nicht erleichtert.


Arbeitsrechtliche Implikationen

Die Beteiligungsrechte der Mitarbeitervertretungen werden durch das außerinsolvenzliche Sanierungsverfahren nicht berührt (§ 92 StaRUG), so dass begleitende Restrukturierungsvorhaben, wie z. B. eine Betriebsänderung (§ 111 BetrVG) oder Massenentlassungen (§ 17 KSchG) aber auch allgemeine Personalabbauplanungen (vgl. § 92 BetrVG), Beteiligungsrechte des Betriebsrats auslösen.

Bei der Beteiligung der Mitarbeitervertretungen ist daran zu denken, dass vor Betreibung des Sanierungsverfahrens nach dem StaRUG der Wirtschaftsausschuss – sofern vorhanden – umfassend zu informieren und die Angelegenheit mit ihm zu beraten ist.

Ferner muss der Restrukturierungsplan Angaben zu den Auswirkungen geplanter Restrukturierungsmaßnahmen auf die Beschäftigungsverhältnisse sowie Angaben zu Entlassungen, Kurzarbeiterregelungen und die Modalitäten der Unterrichtung und Anhörung der Mitarbeitervertretung enthalten (Anlage zu § 5 Satz 2 StaRUG). Bei Verstößen gegen diese Verpflichtungen besteht das Risiko einer gerichtlichen Versagung der Planbestätigung (§ 63 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG).

Es ist daher für ein erfolgreiches Restrukturierungsplanverfahren entscheidend, auch die arbeitsrechtlichen Implikationen im Blick zu behalten.

Sprechen Sie uns bei Fragen hierzu gerne an.

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